Am Dienstag (21.01.2015) war im Bauausschuss des Gemeinderats wieder einmal das Pflaster in der Altstadt Thema. Schon der Kommentar der Badischen Zeitung von gestern lässt erahnen, dass die Sitzung für die Außenstehenden unbefriedigend verlief.

Obwohl die indischen Steine seit ihrer Verlegung eine Vielzahl von Problemen verursachen, wurden diese in der Diskussion kaum fachkundig behandelt. Die von der Stadt vorgelegten Alternativen waren schlecht gewählt. Maßgebliche Entscheidungskriterien wurden den Ratsmitgliedern vorenthalten.

1. Zur Lärmentwicklung des Pflasters wurden von der Stadt keine fundierten Erkenntnisse vorgelegt. Die von einem Gemeinderat mir gegenüber vorgetragene Begründung: bei niedrigen Geschwindigkeiten sei praktisch kein Unterschied zu messen. Selbst wenn dem so wäre, müsste sichergestellt werden, dass alle Fahrzeuge die Geschwindigkeit einhalten – auch nachts. Fakt ist, dass heute die Lärmimmissionen durch das Pflaster für viele Anwohner eine erhebliche Belastung sind – vor allem, wenn in heißen Sommern bei offenem Fenster geschlafen wird.

2. Das Amt für Umweltschutz/Immissionsschutz der Stadt Rostock hat die Lärmauswirkungen verschiedener Pflasterbeläge untersucht und klare Entscheidungskriterien beschrieben, anhand derer die Tauglichkeit unterschiedlicher Pflastersorten beurteilt werden kann. Diese Empfehlungen lagen der Stadtverwaltung vor, wurden jedoch bei der Auswahl und Beschreibung der Alternativen nicht berücksichtigt. Anstatt dessen beschränkte man sich auf die Angabe den Preis, das Herkunftsland und den optischen/haptischen Eindruck.

3. Die Kosten für die vorgestellten Alternativen zum bisherigen Pflaster sollen nach Auskunft der Stadt bei ca. 400 bis 600 EUR pro qm liegen. Da die Stadt gleichzeitig die Kosten des indischen Pflasters mit ca. 130 EUR pro qm angab, war das Ergebnis schon vor der Abstimmung klar. Verschwiegen hat die Stadt jedoch, dass die tatsächlichen Kosten für Anschaffung und Verlegung der indischen Steine deutlich höher sind. Von den Kosten einer sachgerechten Verfugung des gewählten Materials wurde noch gar nicht gesprochen. Wesentlich günstigere Alternativen, wie das am oberen Tor verlegte Betonpflaster (ca. 50 EUR/qm) wurden gar nicht erst berücksichtigt.

4. Die Stadt hat offensichtlich versucht die Folgekosten für die unterschiedlichen Pflasterarten aus der Diskussion herauszuhalten. Das Betonpflaster am oberen Tor musste meines Wissens nach noch NIE repariert werden. Dass man jetzt den Bereich des Adlerplatzes genauso gestalten will wie z.B. den Castello D’Empuries Platz, bei dem ständig Reparatureinsätze des Bauhofes nötig sind, ist daher zumindest in diesem Aspekt kritikwürdig.

5. Die Entscheidung das bisherige Pflaster auch in den Bereichen vor den Toren einzusetzen ist richtungsweisend. Vor diesem Hintergrund durfte der Zuhörer zumindest überrascht sein, als Hr. Metz anführte, dass sich seines Wissens das Denkmalamt gegen Betonpflaster im Bereich des Adlerplatzes (speziell des Straßenbelags) ausspräche. Dieses Argument beeindruckte die versammelten Ausschussmitglieder so sehr, dass naheliegende Fragen nicht gestellt wurden: Was folgt aus den Bedenken des Denkmalamtes? Darf nicht gebaut werden oder fallen lediglich Zuschüsse weg? Fehlende Zuschüsse würde durch Einsparung bei der Anschaffung und im Unterhalt locker wettgemacht werden.

6. Im Innenstadtbereich gibt es erst seit einigen Jahren in verschiedenen Häusern Keller, die bei lang anhaltenden Regenfällen Pfützen auf dem Boden bilden. Nach übereinstimmender Schilderung mehrerer Bewohner trat dieses Problem erst nach Verlegung des indischen Pflasters auf. Das ist der Stadtverwaltung schon lange bekannt. Ein Zusammenhang wird jedoch geleugnet. Im Bauausschuss wurde darüber mit keiner Silbe gesprochen.

7. Auf die Frage, ob das Pflaster anders verlegt werden könnte, um die Rollgeräusche zu vermindern, war nur zu vernehmen, dass es für so großes Pflaster wohl keine andere Verlegemöglichkeit gäbe. Wie wäre es, wenn man die Steine um 45° drehen würde, um eine diagonale Kante zu erhalten? Der sogenannte Air-Pumping-Effekt, der die wesentliche Ursache des Rollgeräusches ist, könnte so ohne großen Mehraufwand reduziert werden.

8. Der „Arbeitskreis Verkehr“ hat nach Auskunft einiger Arbeitskreis Mitglieder wichtige Empfehlungen zum Pflaster in der Innenstadt ausgearbeitet und der Stadt im Dezember überreicht. Den Gemeinderäten und der Öffentlichkeit liegt der Bericht des Arbeitskreises jedoch noch nicht vor. Warum wird versucht, Fakten zu schaffen, ohne dem Gemeinderat (und der Öffentlichkeit) bedeutsame Informationen zugänglich zu machen?

Es bleibt zu hoffen, dass die Stadt bis zur nächsten Sitzung des Gemeinderats ihre Hausaufgaben macht und sich noch einmal intensiv mit der Materie beschäftigt. Das Ziel muss sein, durch einen verantwortungsvollen Entscheidungsprozess die beste Lösung für Stadt und Anwohner zu finden.

© 2018 BI Altstadt Ettenheim | Initiative für eine lebenswerte Altstadt.
Top