In intensiven Diskussionen hat der Arbeitskreis Verkehr (AKV) für die Probleme in der Altstadt Ettenheims eine überzeugende Lösung gefunden: den verkehrsberuhigten Bereich – auch Tempo-7-Zone genannt. Will man verstehen, warum der Arbeitskreis diese Maßnahme favorisiert, muss man sich den Ausgangpunkt der Überlegungen klar machen. Der AKV musste für gravierende Probleme einen Ausweg finden.

  • Die Altstadt wird durch Durchgangsverkehr unnötig und mehr als bisher gedacht belastet (5.000 KFZ/Tag an einigen Stellen).
  • Es mangelt an Aufenthaltsflächen und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt.
  • Der Verkehrslärm ist zu laut: „Vor allem nachts verursachen bereits wenige Kfz-Fahrten störende Lärmemissionen aufgrund der Pflasterung. Schlafen bei geöffnetem Fenster ist kaum möglich.“ (Ergebnisdokumentation Arbeitskreis Verkehr)

Speziell den letzten Punkt sollte man sehr ernst nehmen. Denn das geöffnete Fenster ist im Sommer für viele Innenstadtbewohner kein Luxus sondern Notwendigkeit. Sie leben in Häusern, die wegen der Altstadtsatzung keine Rollläden haben dürfen. Die Schlafzimmer der zum Teil jahrhundertealten Gebäude heizen sich im Sonnenschein so stark auf, dass Schlafen bei geschlossenem Fenster schlichtweg unmöglich ist. Daher liegt den Mitgliedern der BI Altstadt besonders viel an der Lösung des Lärmproblems. Der verkehrsberuhigte Bereich bringt darüber hinaus weitere Verbesserungen:

1.        Weniger Durchgangsverkehr

Die Messungen des AKV haben bestätigt, was viele Autofahrer wissen. Der Weg durch die Altstadt ist oft der schnellste Weg um von Süden kommend die Stadt Richtung Münchweier oder Ettenheimweiler zu durchfahren. Die Tempo-7-Zone wird dafür sorgen, dass der Durchgangsverkehr die Bienlestraße oder den Weg über B3-L103-Rheinstraße nutzt, um beispielsweise zur Heimschule, nach Münchweier, ins Schwimmbad oder nach Ettenheimweiler zu kommen.

2.        Weniger (KFZ-) Verkehr durch Anlieger

Wer in der Altstadt wohnt oder in die Innenstadt will, wird durch Tempo-7 dazu angeregt, Fahrten zu bündeln oder auf das Fahrrad umzusteigen. Beides entlastet die Innenstadt nicht nur aus lärmtechnischer Sicht.

3.        Mehr Aufenthaltsqualität

Weniger und langsamerer Verkehr macht den Aufenthalt in der Innenstadt attraktiver für Touristen, Kunden, Besucher und nicht zu letzt für die Bewohner selbst.

4.        Mehr Sicherheit

Nicht nur für Menschen mit Rollatoren, Eltern mit Kinderwagen und Schulkinder ist das Überqueren der gepflasterten Altstadtstraßen oft mit Stress und Gefahr verbunden. Allzu oft werden Fußgänger durch Kundenstopper, Blumenkübel oder parkende Autos gezwungen die Gehwege zu verlassen. Das ist riskant. Weniger und langsamer fahrende Autos und LKWs machen die Innenstadt für Fußgänger und Radfahrer spürbar sicherer.

5.        Anlieferungen weniger kritisch

LKWs, die Geschäfte in der Innenstadt beliefern, sorgen bisher schnell für chaotische Zustände. Wenn das Verkehrsaufkommen in der Altstadt deutlich zurückgeht, sind auch haltende Lieferwagen leichter zu verkraften.

6.        Parkplätze außerhalb werden attraktiver

Das reduzierte Tempo in der Altstadt erhöht den Anreiz, Parkplätze in der direkten Umgebung zu nutzen. Gemeinsam mit einer verbesserten Beschilderung wird durch Tempo-7 erreicht, dass immer mehr Besucher die Ausweichparkplätze auf den Espen oder am Viehmarktplatz ansteuern. Die problematische Parkplatzsituation in der Innenstadt wird dadurch entspannt (auch ein Ziel des AKV).

7.        Weniger beschädigte Pflastersteine

Kaputte Pflastersteine in der Altstadt sind ein ständiges Ärgernis. Hauptursache der brechenden Steine ist die Belastung des ungebundenen Pflasters durch LKWs sowie durch zu viel und zu schnellen Verkehr. Oder anders ausgedrückt: Je mehr und je schneller Fahrzeuge über das Pflaster fahren, desto mehr Steine gehen kaputt. Tempo-7 schafft hier Abhilfe. Weniger beschädigte Steine bedeuten eine schönere Optik und weniger Slalomfahrten für Radfahrer in der Innenstadt.

8.        Kosten der Stadt sinken deutlich

Die Instandhaltung des Pflasters in der Innenstadt erzeugt erhebliche Kosten. Die BI wird dazu demnächst Berechnungen veröffentlichen. Schon jetzt kann man sagen, dass die jährlichen Kosteneinsparungen durch eine Verkehrsberuhigung im vier- bis fünfstelligen Bereich liegen werden. Weniger defekte Steine müssen getauscht und es muss seltener gesandet werden.

9.        Tempo-7 kostet nichts

Die Kosten für die Einführung einer verkehrsberuhigten Zone sind zu vernachlässigen. Die Ausgaben z.B. für das Aufstellen der Schilder sind durch Einsparungen bei der Instandhaltung schnell amortisiert.

10.    Die beste, weil die einzige Lösung

Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 10 km/h oder 15 km/h sind aus rechtlichen Gründen genauso unmöglich, wie eine nächtliche Sperrung der Innenstadt oder Sperrung der Stadt für LKW. Wer bestehende Straßenlärmprobleme lösen will, hat daher wenig Alternativen zu Tempo-7.

11.    Tempo 7 ist eigentlich Tempo 12

Tempoüberschreitungen werden erst ab 13 km/h geahndet. Wenn es die Verkehrslage zulässt kann jeder der will, auch mit 12 Stundenkilometern durch die Stadt fahren, ohne mit einem Knöllchen rechnen zu müssen.

12.    Weniger Lärmbelastung für Anwohner und Besucher

Die Lärmentwicklung von Naturstein ist generell bedenklich hoch, daher darf er auch nur in Bereichen mit deutlicher Geschwindigkeitsbeschränkung verlegt werden (Empfehlung: höchstens Tempo 20). Durch die Wahl des Pflasters und die Verlegeart kann die Lärmemission reduziert werden. Beide Aspekte sind in Ettenheim bisher schlecht gelöst. Das Pflaster zählt durch seine raue Oberfläche, die großen Fugen und die vertikale Verlegerichtung zu den lautesten Straßenbelägen die es gibt. Wenn man das Pflaster nicht mit viel Aufwand neu verlegen, austauschen oder nachverfugen will, kann man nur mit einer deutlichen Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit und des Verkehrsaufkommens eine akzeptable Lärmemission erreichen.

Vom gesenkten Lärmpegel profitieren tagsüber Besucher und Kunden sowie nachts Anwohner und Übernachtungsgäste. Ein sehr wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer lebenswerten Altstadt.

13.    Die Stadt löst ihre Zusage ein

Seit der Verlegung des Pflasters in der Altstadt, hat die Stadt den Anwohnern zugesagt, dass der Geräuschpegel erträglich oder zumindest im zulässigen Rahmen bleiben würde. Zwei Begründungen hat sie dafür angeführt: Erstens sollte durch die Geschwindigkeitsreduzierung auf 20 km/h kaum spürbar mehr Lärm entstehen. Zweitens hatte die Stadt erwartet, dass der Durchgangsverkehr verstärkt Alternativrouten wählen würde. Beides ist nicht in ausreichendem Umfang eingetreten. Auch ohne offizielle Messungen ist davon auszugehen, dass die Immissionsgrenzwerte des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurzeit nicht eingehalten werden*. Darum gibt die Umsetzung von Tempo-7 der Stadt die Möglichkeit ihre Zusage gegenüber den Bewohnern einzulösen.

14.    Würdigung der Arbeit des Arbeitskreises

Der Arbeitskreis Verkehr war klug zusammengesetzt. Die Teilnehmer repräsentierten praktisch alle wichtigen Interessen in der Stadt. Über Monate hinweg hat sich der AKV mit den Fakten und Problemen beschäftigt. Intensiv wurde nach den besten Lösungen gesucht. Viele haben die Arbeit des AKV wortreich gelobt. Nun sollte man den Worten Taten folgen lassen, in dem man dem wichtigsten Vorschlag des Arbeitskreises eine Chance gibt. Ausprobieren kostet nichts – und 14 gute Gründe sprechen dafür.

*Wer an der Ausgangsanalyse des AKV zweifelt, weil er nicht glaubt, dass die Lärmbelastung zu hoch ist, der sollte zumindest eine objektive Messung der Lärmimmissionen in der Innenstadt verlangen, bevor er die Vorschläge ablehnt. Aus Sicht der BI ist eine gründliche Messung der Lärmbelastung in der Innenstadt generell zu empfehlen.
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